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Dr. Thomas Scholz, Stellungnahme zum GesundheitswesenMordernierungsGesetz. Links steht der Artikel vom 4.1.2004. Rechts stehen Aussagen von Internetbesuchern. Internetbesucher können auch gänzlich neue Aussagen zum Zusammenhang machen und eintragen. Die eLeW wird diese mit ihren Mitgliedern berücksichtigen. Für eine öffentliche Diskussion stehen die eLeW-Foren zur Verfügung.
 
 

Stellungnahme zum GesundheitswesenModernisierungsGesetz (GMG)

1. Die Praxisgebühr etc. als ausschließliche Beitragserhöhung für Kranke
  Das Ziel:
Das derzeitige GesundheitswesenModernisierungsGesetz (GMG) soll die Finanzlöcher der Krankenkassen (Kk) stopfen, ohne die Mitgliedsbeiträge direkt zu erhöhen.
  Die Ursache:
Die Einnahmen der Kk sind an den Arbeitnehmerlohn gekoppelt und in Zeiten von Arbeitsstellenabbau, hoher Arbeitslosigkeit und sinkenden Lohnsummen stark rückläufig.
  Die Absicht:
Bislang wurden die Kk je zur Hälfte vom Versicherten und dem Arbeitgeber finanziert. In dem Ziel, die Lohnkosten zu senken, soll das GMG die Einnahmeprobleme der Kk lösen, ohne die Arbeitgeber zu belasten.
  Das Ergebnis:
Herausgekommen ist vielfältiges „zur Kasse Bitten“ im Krankheitsfall bei den Zuzahlungen. Leider sind davon nicht einmal die Armen verschont, selbst der Sozialhilfefall oder die Oma im Pflegeheim sollen von ihrem Taschengeld erst mal 2 Prozent ihrer Jahreseinkünfte zuzahlen, ehe die Befreiung für den Rest des Jahres einsetzt. Der herabgesetzte Satz von 1 Prozent für Chronischkranke sollte für möglichst wenige gelten. Deshalb wurde anfangs die Definition von chronischkrank entgegen dem Wortsinn auf besonders schwer chronischkrank eingeschränkt. Hauptsache, die Einnahmen stimmen. Nach dem ersten Entrüstungssturm Anfang Januar erfolgte jetzt der erste Rückzieher und eine windelweiche neue Definition (chronischkrank der, bei dem eine ärztliche Behandlung eine Besserung der Lebenserwartung oder der Lebensqualität erwarten lässt), also fast jeder Kranke.

2. Die Krise der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
Hier ist es Zeit, den Blick auf unser Gesundheitswesen in der Gesamtheit zu werfen. Denn das GMG ist nur das letzte Glied einer Kette vielfältiger Fehlsteuerungen in der Vergangenheit durch unsere Politiker.
  Die Hauptsünde:
Diese war das Wegnehmen von Kk-Einnahmen zum Sanieren der anderen Sozialversicherungszweige wie Renten- und Arbeitslosenversicherung besonders in den 80´ und 90´er Jahren, zuletzt noch 2001 durch Rot-Grün, mit Beträgen über 25 Milliarden DM (Stichwort „Sozialverschiebebahnhof“).
  Verrückter Wettbewerb:
Weiter war es falsch, einen „Markt“ von Krankenkassen anzustreben und die Gründung neuer Kassen zu erleichtern. Der Kk-Wettbewerb erstreckt sich auf einen Kampf um die Gesunden. Mit den niedrigen Beitragssätzen der neuen Kassen, die bei vielen jungen Versicherten wenig Ausgaben haben, wurden dem GKV-System Milliarden an Einnahmen entzogen. Gleichzeitig wurde es notwendig in diesen Wettbewerb regelnd einzugreifen, denn ein Finanzausgleich wurde nötig für die Altkassen mit vielen alten und chronischkranken Versicherten.
  Kopflose Gesetzgebung:
Ein Gesetz benötigte das nächste Gesetz zur Fehlerkorrektur. Inzwischen sind wir immer noch nicht beim Ende des Verschlimmbesserns angelangt. Der Chefberater der jetzigen Regierung, Prof. Lauterbach, fordert einen „brutalen Wettbewerb zwischen den Krankenkassen und auch den Leistungserbringern“.
  Das Ergebnis:
Der Wettbewerb kann für die Kk nur darin bestehen, möglichst verdeckt Leistungen zu verweigern oder schlecht zu bezahlen und sich um Gesündere zu reißen. Schon jetzt bezahlt eine große Berliner Betriebskrankenkasse Krankenhausaufenthalte erst nach Einklagen über die Gerichte, fordert von Ärzten Schadensersatz, wenn sie nicht das Billigste aus der Liste, sondern nach Überlegung gezielt ein vielleicht einige Euros teureres Medikament verordnen mit einer etwas anderer Wirkung. Es wird auch daran gedacht, andere Länder als Beispiel zu nehmen, die Kosten sparen wollen durch Rationieren speziellerer medizinischer Leistungen. Seien es der Krankenhausaufenthalt erst nach teilweise über einem Jahr Wartezeit oder die Warteliste für den Besuch beim Facharzt, der nur noch beim Krankenhaus oder ähnlichen Zentren angesiedelt sein soll.

3. Falscher Lösungsvorschlag und Verschleierung mit dem Begriff "Bürgerversicherung“
  Verschleierte Gesundheitssteuer:
Die Befürworter einer "Bürgerversicherung" wollen nur von jedem Bürger seinen Zahlbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung, auch wenn er dort nicht versichert ist und keine Leistungen von ihr empfängt. Das ist dann aber eigentlich nur eine neue Art Gesundheitssteuer unter einem falschen Namen.
  Oder Einheitspflichtversicherung:
Die Befürworter einer Einheitspflichtversicherung wollen jeden Bürger in der GKV versichert sehen und deshalb die private kapitalgedeckte Krankenversicherung abschaffen. Eine staatsgeregelte Einheitspflichtversicherung kann jedoch nicht die Lösung sein. Sie bringt auch keine Besserung, wie es im Ausland zu sehen ist. Der spanische Bürger beispielsweise sucht seinen Arzt auf, bekommt einen Termin z.B. in vier Monaten, kann aber auch nachmittags in die Arztwohnung zur Behandlung kommen, wenn er privat bezahlt. In anderen Ländern, wie in England, gibt es noch abschreckendere Beispiele, wie keine teuren Therapien, z.B. keine Dialyse (Blutnierenwäsche) für Ältere.
  Das geht aber nicht:
Die Abschaffung der Privaten Krankenversicherung ist nicht durchsetzbar, das würde gegen das Grundgesetz mit dem Recht auf Eigentum verstoßen. Außerdem käme auch die staatlich durchgeregelte Krankenversicherung, auch wenn sie sich Bürgerversicherung nennen sollte, ebenfalls nicht ohne Einschränkungen aus. Die Mehrheit der Bundesbürger möchte jedoch für die eigene Gesundheit das Beste für sich in Anspruch nehmen. Die Vorstellungen davon sind aber sehr unterschiedlich, will der eine zum Heilpraktiker gehen, will der andere zum Spezialisten. Hier Wahlmöglichkeiten einzuräumen, ist sicher einer freiheitlichen Gesellschaft angemessen und sinnvoll.

4. Der Vorschlag der eLeW
  Allgemeine Krankenversicherungspflicht:
Die eLeW ist für eine allgemeine Krankenversicherungspflicht, nicht aber für eine Pflichtversicherung. Das heißt, der Staat gibt einen Mindestversicherungsumfang für jeden Bürger verpflichtend vor, so dass keinesfalls ein Bürger durch Krankheit in Not geraten kann. Ähnlich wie bei der Kfz-Haftpflichtversicherung die Mindestsumme vorgeschrieben ist, die jeden Schaden abdeckt, müssen alle Arten von Krankheiten mit ihren modernen Behandlungsmöglichkeiten von der Krankenversicherung abgedeckt werden. Wahlmöglichkeiten mit Zusatztarifen beziehen sich auf Extra-Annehmlichkeiten wie Einzelzimmer im Krankenhaus, Chefarztbehandlung oder aber auch auf Heilpraktiker- oder andere Außenseitermethoden-Anwendungen.
Diese Versicherung können Private Krankenversicherer anbieten oder die Krankenkassen. Diese können keine Auswahl unter den Versicherten treffen; wer sich bei ihnen versichern will, muss angenommen werden (so genannter Kontrahierungszwang).
  Abrechnung:
Der Arzt behandelt wie beim jetzigen Privatpatienten gegen Rechnungsstellung nach einer einheitlichen ärztlichen Gebührenordnung. Der Erkrankte reicht seine Rechnung bei seinem Versicherer zur Erstattung ein (Kostenerstattung). Da manche Kranke nicht geschäftsfähig oder behindert sind, wird bei einem Teil der Versicherten die direkte Abrechnung zwischen Arzt und Kostenträger nötig sein. Ebenso werden Leistungen bei Sozialhilfe-Empfängern nur zu einem abgesenkten Satz berechnet werden. Da sind vielfältige Detailregelungen zur Einführung eines reibungslosen Systems denkbar. Diese Vorschläge sind nicht neu. Als hervorragendes Beispiel sei der Sozialgesetzentwurf der Professoren Hankel und Schachtschneider genannt. Dieser kann noch ausgefeilt werden.
(Siehe auch http://www.vv-bayern.de/vvb_homeweb ).
  Abrechnung europaweit:
Mit der Kostenerstattung ist auch das Europa der freien Grenzen kein Problem. Alle bekommen ihre Leistungen gegen Rechnung, wie bereits derzeit bei den Deutschen im Ausland. Ein solches System ist völlig transparent, erspart Verwaltungs- und Kontrollkosten in Milliardenhöhe bei den Krankenkassen. (Die Verwaltungskosten der Kk sind derzeit im Januar 2004 fast so hoch wie die gesamten Arztbehandlungskosten Deutschlands.)
  Flankierende Maßnahmen:
Als Ergänzung sind weitere Maßnahmen denkbar, z.B. die Einführung der elektronischen Krankheitsakte auf der Chipkarte mit einer Rechnungsberechtigung zu verknüpfen. Untersuchungskosten wären dann nur berechnungsfähig, wenn kein Vorbefund vorliegt oder ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn für die Behandlung damit erreicht wird. Damit wird die viel zitierte Leistungsspirale verhindert, die entsteht, wenn z.B. Befunde unnötig doppelt erhoben werden. Hier könnten die Verwaltungen der Kassenärztlichen Vereinigungen ihre Erfahrung einbringen und sich betätigen.
Vorschlag für die Übergangszeit: Es wäre angebracht, die fast 300 Krankenkassen auf etwa 5 bis 8 zu reduzieren (Eine Bundes-AOK, etwa drei BKKs und vielleicht drei EKKs), in dem eine Mindestversichertenanzahl für jede gefordert wird. Damit sind die Risiken besser gestreut und eine unnötige Vielzahl von Direktoren- und anderen Spitzenposten sind hinfällig.
  Ergebnis:
Der verrückte Wettbewerb unter den Kks an falscher Stelle entfällt, den Unterschied zwischen Privat- und Kassenpatienten gibt es nicht mehr, Milliardenausgaben für Verwaltung und Kontrolle entfallen. In einem transparenten Gesundheitssystem erhalten Patienten mehr Eigenverantwortung und werden nicht gegängelt, wen sie zu welchen Bedingungen aufsuchen dürfen. Der Arzt kann sich wieder dem Erkennen und Behandeln von Krankheiten widmen, statt dem Kranken ständig neue Kassenregeln erklären zu müssen.

 

13.4.2005, Ohne Namen: "Wie kann man diesen Artikel ausdrucken?"  Webmaster-Antwort: "Danke für das Interesse. Der Autor wird den Artikel sicher noch einmal durchsehen, und dann wird hier ein Link zum Download des Word-Dokuments gesetzt. Bis dahin bitte selbst nach Word kopieren."
14.4.2005, Dr. Th. Scholz: Der Text ist in der Analyse richtig, war aber in der damaligen Situation formuliert. Man sollte ihn nicht als neu verkaufen, sondern als richtige, aber historische Analyse belassen. Jetzt kann man darauf aufbauend noch mehr Analysepunkte bringen. Ich bin zwar zeitlich sehr unter Druck, werde aber versuchen, mich Freitag abends daranzusetzen.

 


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